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Rezension »Der Schwarm« von Frank Schätzing ****

Rezension »Der Schwarm« von Frank Schätzing ****
Cover »Der Schwarm« von Frank Schätzing

In epischer Breite und einem Umfang, den auch mein »Neutronenreiter« nicht erreicht, breitet Frank Schätzing auf knapp tausend Seiten seine Geschichte »Der Schwarm« aus. Bereits nach der Lektüre von »Die Tyrannei des Schmetterlings« wußte ich, daß ich auch diesen Roman trotz seiner Längen gern lesen würde.

Darauf gekommen, dieses Buch zur Hand zu nehmen, bin ich durch die teilweise katastrophalen Kritiken an der Serie, die in diesem Jahr im ZDF gesendet wurde. Jetzt kenne ich das Buch und weiß, wo es bei der Serie haken muß: Wie »Das Parfüm« ist auch dieser Stoff fast unverfilmbar. Wenn, dann kann ich ihn mir – mit großen Abstrichen an der Handlung – allenfalls als Hollywood-Blockbuster vorstellen, aber das Budget, das dazu nötig wäre, mag ich mir nicht ausmalen.

Daß die US Navy beispielsweise einen ihrer Flugzeugträger zur Verfügung stellen würden, bezweifle ich, denn gerade sie kommt in der Geschichte besonders schlecht weg. Das mag auch der Grund sein, warum die USA in der Miniserie praktisch nicht vorkommen. Man befürchtete wohl politische Komplikationen.

Zugegeben ist die Handlung an vielen Stellen länglich. Insbesondere die Selbstfindung des Inuit Leon Anawak nach dem Tod seines Vaters trägt auf gefühlten hundert Seiten meiner Meinung nach nicht wirklich etwas zum Fortgang der Handlung bei. An anderen Stellen – vor allem gegen Ende – gerät der Autor ins Philosophieren. Das ist nichts für mich und ich habe diese Seiten lediglich diagonal gelesen. Die zentrale (und meiner Ansicht nach korrekte) Botschaft des Buches, daß wir Menschen aus Leichtsinn, Unwissenheit und purer Ignoranz nichts besseres zu tun haben als unseren Planeten zu zerstören, duftet Parfum-gleich auch so aus jeder Seite dieses monumentalen Werkes. Da wäre weniger Redundanz mehr gewesen.

Der Schwarm (Mini-Serie im ZDF)
Der Schwarm (Mini-Serie im ZDF)

Ich habe eine Weile benötigt, um mich in die Handlung einzulesen. Zu viel scheinbar nicht zusammenhängendes geschieht auf den ersten hundert Seiten. Erst langsam kristallisieren sich die Hauptfiguren Sigur Johanson und Leon Anawak und ihre jeweiligen Teambegleiter heraus und daß die völlig unterschiedlichen Probleme, mit denen sie konfrontiert werden – Myriaden methanfressender Würmer auf der einen und verhaltensgestörte Meeressäuger auf der anderen Seite – Facetten ein und der selben Katastrophe sind, die sich allmählich am Horizont abzeichnet.

Ich weiß nicht, was viele Rezensenten gegen solch lange und gemächliche Einleitungsphasen in Büchern haben. Der Stoff gibt es her und die Länge des Buches zweimal. Nur weil nicht gleich von der ersten Seite an atemberaubende Spannung herrscht, ist dieses Buch nicht schlechter als andere – im Gegenteil! Solche Bücher trennen meiner Meinung nach auch unter den Lesern die schnellebigen Exemplare, die auf jeder Seite getriggert werden müssen, von denjenigen, die bereit sind, sich auf solch einen umfangreichen Stoff einzulassen.

Einige Passagen konnte ich nur diagonal lesen. Zu furchtbar und teilweise ekellerregend sind mir manche Beschreibungen. Dafür gibt es aber ein großes Publikum und gerade diese Szenen würden sich im Film gut machen. Unmengen von Krebsen, Spinnentieren, Muscheln und Krebsen fluten die Strände und verbreiten tödliche Seuchen. Ein Abrutsch des norwegischen Kontinentalhangs, verursacht durch methanhydratfressende Bakterien in Würmern, verursacht einen Tsunami, der halb Europa verwüstet und auch meine geliebte Heimatstadt Bremen dem Erdboden gleichmacht.

Johanson und Anawak kommen unabhängig voneinander zu dem Schluß, daß da etwas in den unerforschten Becken der Tiefsee existieren muß, das beschlossen hat, die Menschheit vom Angesicht des Planeten zu tilgen. Etwas uraltes, das so fremdartig ist, daß ebenfalls hundert Seiten benötigt werden, um es überhaupt halbwegs anschaulich zu beschreiben. Das Denken der mehr als hundert Millionen Jahre alten »Yrr« – so sie denn überhaupt denken – bleibt bis zum Schluß ein Rätsel und ich fühlte mich diesbezüglich an den vor einiger Zeit gelesenen Roman »Infinitum« erinnert.

Schätzing muß Jahre recherchiert haben, um diese Vielzahl an Fakten zusammenzutragen und zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzufügen. Die meisten fachlichen Disziplinen beherrscht er dabei virtuos und bringt es fertig, selbst trockenste Wissenschaft anschaulich, verständlich und vor allem spannend darzulegen.

Die angebliche Mission zur Kommunikation mit den »Yrr« auf dem eingangs erwähnten Flugzeugträger pervertiert schließlich zu etwas Gräßlichem. Selbst ernannte Weltpolizisten mit vermeintlich göttlichem Auftrag führen die Welt im Eiltempo an den Abgrund, bis die »Yrr« schließlich angreifen. Bis zum Schluß war das einzige und unvermeidliche »Happy-End«, das ich mir noch vorstellen konnte, die völlige Auslöschung unserer Spezies zum Wohle des Planeten. Man wünscht sich tatsächlich, daß die »Yrr« die Menschheit endlich auf den verdienten Müllhaufen der Geschichte schicken.

Ob die Geschichte am Ende tatsächlich noch den Dreh bekommt und »Gottes Schöpfung« (wessen Gott?!) eine unverdiente zweite Chance erhält, lasse ich mal dahingestellt und für die Handlung spielt es keine Rolle mehr. Für mich bleibt im Resümee ein faszinierender und spannender Plot, der mir Anlaß zum Nachdenken gegeben (und leider auch einige Albträume beschoren) hat. Für mich sind das mehr als vier Sterne, allerdings nicht so viel mehr, daß es zum Aufrunden auf Fünf genügte.

Vielen Dank an Frank Schätzing und
bleib gespannt!
Dein Mike


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Kommentare

Eine Antwort zu „Rezension »Der Schwarm« von Frank Schätzing“

  1. Avatar von Lothar du Mont Jacques

    Besser hätte ich es auch nicht ausdrücken können. Ich habe dieses Buch lange vor der Mini-Serie gelesen, die so schlecht nun auch wieder nicht war.
    Den Inhalt eines Buches in einem Film oder einer Mini-Serie wiederzugeben, ist schlicht und ergreifend meiner Meinung nach völlig unmöglich.
    Wenn wir lesen, setzt unser Gehirn das Gelesene in imaginäre Bilder für uns um. Wir haben eine Vorstellung, wie die Protagonisten aussehen mögen, wie Räumlichkeiten eingerichtet sind usw.
    Wenn ich einen Film mir anschaue, dann mache ich das meist oberflächlich, lasse mich berieseln.
    Das ist in meinen Augen der große Unterschied.

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