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Freibadfliesenblau – ein Roman von Matti Laaksonen *****
»Keine Ahnung, du wirkst eher wie so ein … Punto-Typ.«
»Ein Punto-Typ?«
»Ja, weißt schon. Ein kleines Auto, sieht irgendwie süß aus, mit diesen großen Kulleraugen. Aber eben nichts Aufregendes.«
Dieser Teaser steht für mich sinnbildlich für die ganze Geschichte, denn auch ein Punto-Typ (oder in diesem Falle ein T4-Typ) kann durchaus aufregend sein. Es macht Spaß, dabei im Geiste zuzusehen, wie sich diese beiden herrlich verpeilten Typen im Verlauf ihrer Reise näher kennenlernen.
Der Roman ist mir bei seiner Veröffentlichung bereits durch sein excellentes Cover aufgefallen. Ich liebe dieses Blau! Dennoch hätte ich mir das Buch wohl nie gekauft, denn ich zähle mich in meinem Alter nicht mehr zur Zielgruppe von Geschichten über das Erwachsenwerden der Protagonisten (im neudeutschen zugegebenermaßen etwas prägnanter »Coming-of-Age«).
Ich bekam es aber später im Rahmen eines Wettbewerbs zur Begutachtung vorgelegt (deswegen bewerte ich es auch erst jetzt, nach der Preisverleihung) und mußte mich wohl oder übel damit beschäftigen. Zu meiner Überraschung hatte ich mich bereits nach den ersten Seiten darin festgelesen. Das ist in Teilen dem guten Lektorat und dem Buchsatz geschuldet, die einem keinerlei Lesebremsen in den Weg legen. Aber auch John und Henning, die beiden Hauptfiguren, werden einfühlsam und spannend aufgebaut und man folgt ihnen gerne, wie sie zu ihren jeweiligen Lebensreisen aufbrechen.
Jede einzelne dieser beiden Reisen würde wohl schnell in einer Katastrophe enden, denn wirklich lebensfähig sind weder Henning noch John. Zusammen ergänzen sie sich aber erstaunlich gut und der geplante Skandinavientrip kann tatsächlich stattfinden, nachdem sie sich dann endlich unterwegs im Freibad kennengelernt haben.
Die Triggerwarnung zum Tod naher Angehöriger halte ich persönlich für überflüssig (so wie die allermeisten Triggerwarnungen) und das sage ich, obwohl ich selbst gerade von ihr betroffen bin. Zu nah ist man den beiden, wie sie sich behutsam kennenlernen und bemerken, daß da noch mehr ist, daß die Trauer nicht ihr ganzes Leben bestimmen wird.
Ein paar Ungereimtheiten noch am Ende. Die finanzielle Ausstattung von Henning scheint mir in Relation zu seinem Gepäck erstaunlich hoch zu sein. Auch der anfangs so strenge Vater wundert mich. Er wartet treu und brav die ganzen Sommerferien lang, bis der verlorene Sohn wieder nach Hause kommt, um ihm dann sofort alles zu vergeben. Ich als Vater hätte maximal eine Woche vergehen lassen – wahrscheinlich deutlich weniger – um dann bei der Polizei Vermißtenanzeige zu erstatten!
Natürlich hätte das den Fluß der Reise unserer Protagonisten erheblich gestört und ihr möglicherweise sogar ein abruptes und verfrühtes Ende beschoren. Auch später geht Matti Laaksonen über möglicherweise aufkommende Probleme nonchalant hinweg. Die schnell nahende Rettung, als die beiden mit einer Panne am Polarkreis liegenbleiben, grenzt für mich ebenso an ein Wunder wie, daß der Geschichte am Ende tatsächlich ein Happy-End beschieden ist. Zu unterschiedlich sind doch John und Henning und beide sind unfähig, ihre Bedürfnisse zu artikulieren. Für eine Beziehung ist das gerne mal der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen bringt.
Die wenigen erotischen Andeutungen wirken auf mich anfangs etwas verklemmt, aber nicht unstimmig. Auch die Beschreibung des »ersten Mals« könnte meiner Meinung nach so durchaus bei Oswald Kolle stehen. Die Zeichnung gegen Ende der Geschichte ist technisch in Ordnung, aber überflüssig. Sie engt meine Fantasie ein.
Insgesamt sind das für mich viereinhalb von fünf Sternen, aufgerundet fünf. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für alle(!) Altersgruppen.
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