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Gefahr oder Gayfahr - was meinst Du?

Gefahr oder Gayfahr – was meinst Du?

»Gefahr von der anderen Seite – Das Universum im Tautropfen« ist mein Debutroman, den ich 2018 herausgebracht habe. Ich war hungrig auf das Autorenleben, geradezu euphorisch über die vielen positiven Bewertungen, die nach der Veröffentlichung in ziemlich kurzer Zeit eintrudelten und dachte, es geht immer so weiter.

Dem war natürlich nicht so. Schon bald erhoben sich auch kritische Stimmen. »Homosexuelle Fantasien in derber Sprache« sagten die freundlicheren davon. Gut, ich bin schwul und ich nehme diesbezüglich kein Blatt vor den Mund. Die Umgangsformen in der Szene sind direkter und anzüglicher als anderswo und da zwei meiner vielen Hauptpersonen schwul sind und im ersten Band meines »Moíra-Zyklus« eine Romanze erleben dürfen, ging es zwischendurch auch ordentlich zur Sache.

Schreibe ich hier »schwul«, so bildet das im übrigen nur meinen persönlichen Erfahrungshorizont ab. Alle anderen Personen, sie sich außerhalb des traditionellen Rollenverständnisses sehen, mögen sich bitte mitgemeint fühlen. Ich will niemanden ausschließen, nur weil sie in meinen Büchern bisher nicht vorkommen.

Einige Monate nach der Veröffentlichung konnte ich mir aus Verkäufen, Rezensionen und anderem Feedback ein erstes Bild zusammensetzen, für wen ich das Buch eigentlich geschrieben habe. Zu denken gab mir, daß die meisten Leser des Debutromans keine schwulen Männer sind, sondern heterosexuelle Frauen. Damit hatte ich vor der Veröffentlichung nicht gerechnet und ich mußte mir Gedanken machen, wie ich damit umgehe. Was bin ich bereit, für einen kommerziellen Erfolg des Moíra-Zyklus zu tun? Soll ich Rücksicht nehmen und mögliche Trigger vorab aus meinen Romanen entfernen? Vielleicht sprechen sie dann neue Leserschichten an?

Schließlich entschloß ich mich, für einen möglichen größeren Erfolg die (nicht allzu zahlreichen) erotischen/pornographischen Passagen zu streichen, das Werk neu zu veröffentlichen und das Thema Erotik in den Folgebänden ganz zu vermeiden, beziehungsweise, wenn es sich in der Handlung nicht vermeiden ließ, das ganze jugendfrei zu verschwurbeln.

Poetry oder Pötry? (Artikel von Mike Gorden)
Du ahnst, wie das ausgegangen ist.

Du ahnst, wie das ausgegangen ist. Wer niemandem auf die Füße treten will und deswegen mit Schere im Kopf schreibt, salzt auch sein Essen nicht. Die Rezensionen wurden dadurch nicht besser. Ich habe seitdem aber Streß mit meinen Charakteren. Vor allem Maurice sitzt im Schmollwinkel und läßt mich bei jeder Gelegenheit spüren, daß er es viel besser könnte, wenn ich ihn nur wieder ließe. Es macht mir das Schreiben nicht leichter, das zu wissen.

Maurice Belloumi (Avatar)
Vor allem Maurice sitzt im Schmollwinkel.

Darf Science Fiction denn nicht erotisch sein und kann dabei dennoch Science Fiction bleiben? Dürfen wir Schwulen mit all unseren Marotten nicht selbstverständlicher Teil der Handlung sein? Ist für einen Kriminalfall zwischen wissenschaftlichen Beschreibungen kein Platz? Was ist, wenn Geschehnisse in der Vergangenheit plötzlich Einfluß auf die Gegenwart und Zukunft nehmen? Haben die denn zwischen der hehren Science Fiction ebenfalls keinen Platz mehr? Darf ich zwei Themen miteinander vermischen? Was ist, wenn es noch mehr werden?

Ich kann mit dieser Fixierung auf ein und nur ein Genre nichts anfangen. So verlaufen meine Geschichten nicht, zumindest die längeren davon. Der Moíra-Zyklus wird immer eine Mischung verschiedener Spielarten bleiben. Versuche ich, nur ein Genre zu schreiben, kastriere ich den Plot der Reihe. In jeder Hinsicht.

Mike Gorden: Empath (Cover)
Daß ich das kann, habe ich mit »Empath« bewiesen.

Einsternerezensionen und Beschwerden über zu viel Herrenunterwäsche in meinen Texten sind mir mittlerweile egal. Für diese Leute schreibe ich nicht. Ich kann es nicht allen recht machen und werde es auf meine alten Tage auch nicht mehr versuchen.

Diese Gedanken treiben mich seit Jahren um und führen jetzt zu einem neuen alten Lösungsansatz: Ich könnte Maurice wieder von der Leine lassen und »Gefahr von der anderen Seite« endlich in der Version herausbringen, in der ich das Buch ursprünglich geplant hatte, also inklusive Gay-Romance in derber Sprache. Daß ich das kann, habe ich mittlerweile mit »Empath« bewiesen, meinem kommerziell mit Abstand erfolgreichsten Buch.

Würdest Du das lesen? Würdest Du das kaufen? Schreib mir einen Kommentar

und bleib gespannt (gayspannt) 😏

Dein Mike


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