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Interview 2024
(gegeben der Seite leserkanone.de im September 2024)
โ Herr Gorden, seit wann sind Sie inzwischen in der Buchwelt unterwegs? Wie kam es damals dazu, dass Sie mit dem Schreiben begonnen haben?
Danke, dass ich hier sein darf. Ich schreibe privat seit den Neunzigern. Damals bin ich aber รผber Kurzgeschichten nicht hinausgekommen und dachte lange, ich kann das nicht. Erst ab 2014 habe ich mich an etwas Grรถรeres getraut. Seitdem kann ich nicht mehr damit aufhรถren. 2018 habe ich meinen Debรผtroman herausgebracht, damals noch unlektoriert. Mittlerweile ist die erste Trilogie mit 2.000 Seiten fertig.
โ In welchem Genre oder welchen Genres sind Sie aktiv? Wie kam es dazu? Fans welcher Autoren kรถnnte es gefallen, in Ihre Werke hineinzuschauen?
Mein Hauptgenre ist die Science-Fiction. Das ist einfach. Die Frage nach ยปFans anderer Autorenยซ finde ich dagegen schwierig zu beantworten. Sage ich beispielsweise ยปDan Brownยซ, ยปDaniel Silvaยซ, ยปGeorge R. R. Martinยซ oder ยปDouglas Adamsยซ, dann denke ich mir jedes Mal: Ich bin viel mehr als das!
Meine Geschichten sind nรคmlich immer in mehreren Genres unterwegs. Ein Beispiel: Mein ยปMoรญra-Zyklusยซ besteht aus drei Science-Fiction Thrillern mit starken, queeren Charakteren und Elementen aus Mystery und einem bisschen Romance. Ich habe aber auch schon einen Regionalkrimi geschrieben (Bretagne) und einen Hardcore-Thriller. Mein nรคchstes Projekt ist eine Space Opera. Wo soll ich mich da bitte einordnen?
โ Wodurch wird ein Buch Ihrer Meinung nach zu einem guten Buch, was zeichnet gute Protagonisten aus?
Durch die Geschichte und die Art, wie der Schriftsteller sie mir erzรคhlt. Fesselt mich der Plot, ist es mir egal, ob der Text lektoriert wurde. Nur รผbermรครig viele Rechtschreibfehler stoรen mich ab, oder grobe Logikfehler in der Handlung.
Mit guten Protagonisten muร ich mitleiden kรถnnen. Sie sollten Ecken und Kanten haben und sich ihren Problemen stellen. Heldinnen und Helden, die hundertprozentig gut sind, finde ich langweilig. So ist kein Mensch. Jeder ist in seinem Leben auch ein wenig Bitch!
โ Wie kรถnnen sich Ihre Leser einen Tag im Autorenleben des Mike Gorden vorstellen? Wie, wann und wie viel schreiben Sie? Haben Sie Rituale beim Schreiben?
Einen ganzen Tag gibt es nicht. Ich schreibe vormittags, weil ich mich da am besten konzentrieren kann, und abends, weil ich da die besten Ideen habe. In meinen Schreibphasen produziere ich zwischen 500 und 5.000 Wรถrtern tรคglich.
Tagsรผber arbeite ich in meinem Brotjob. Ich fรผhre nรคmlich einen der รคltesten Online-Shops Deutschlands.
Wรคhrend ich schreibe, habe ich gern meine beiden Hunde um mich herum wuseln. Das beruhigt mich. Nicht allzu anstrengende Musik hilft mir ebenfalls, in meinen Fluss zu kommen. Ich benutze eine spezielle Tastatur, deren Anschlag sich ein wenig nach Schreibmaschine anfรผhlt. Sie ist laut. Deswegen nennt man mich gelegentlich auch den ยปHackerยซ.
โ Woher stammen die Ideen fรผr Ihre Geschichten? Wer oder was sind Ihre Inspirationen?
Ich trรคume viel und die meisten meiner Ideen schรถpfe ich aus Trรคumen, die das, was mir tagsรผber zustรถรt, gelegentlich auf รผberraschend neue Weise wieder zusammensetzen. Ich halte nichts davon, ausgelutschte Strickmuster zu kopieren. Lieber kombiniere ich meine Ideen mit Versatzstรผcken aus meinen Erlebnissen.
Meine Hunde inspirieren mich, und mein Ehemann, obwohl der jedes Mal die Stirn kraus zieht, wenn ich das sage.
โ Planen Sie Ihre Geschichten im Voraus ยปam Reiรbrettยซ, oder schreiben Sie ยปdrauflosยซ und lassen Sie den Worten ihren Lauf? Warum halten Sie Ihren Weg fรผr den Richtigen?
Ich bin weder Plotter noch Pantser, eher irgendwas dazwischen. Ich habe eine Idee, in welche Richtung meine Geschichte gehen soll, und plotte die nรคchsten Kapitel vor, um eine grobe Orientierung zu haben.
Es kommt aber regelmรครig vor, daร einer meiner Charaktere mir plรถtzlich sagt: ยปDas ist Blรถdsinn, was ich da machen soll. Ich wรผrde viel lieber โฆยซ. Meist hรถre ich dann auf ihn oder sie und schreibe wild drauf los. Das mag schrรคg klingen, fรผhrt aber zielsicher zu den stรคrksten Passagen in meinen Romanen.
Das funktioniert aber nur bei mir. Ich finde, daร jeder seinen eigenen Weg finden muร, wie er fรผr sich die Handlung strukturiert.
โ Fรผhlt sich das ยปAutorenlebenยซ genauso an, wie Sie es vor Ihrer ersten Verรถffentlichung vermutet haben? Was wรผnschen Sie sich vom deutschsprachigen Buchmarkt und von Ihren Lesern im Speziellen?
Mein Autorenleben verlรคuft vรถllig anders als ich das in meiner naiven Wunschvorstellung erwartet hatte. Das fing damit an, daร ich zu Beginn dachte, daร ich fรผr schwule Mรคnner schreibe, weil in meinen Geschichten queere (vorwiegend schwule) Charaktere vorkommen. Du kannst Dir meine รberraschung vorstellen, als ich feststellte, daร meine begeistertsten Leserinnen heterosexuelle Frauen sind!
Jeder Tag bietet neue Wunder. Ich habe keinen Verlag gefunden, da niemand auf jemanden gewartet hat, der mit Mitte Fรผnfzig seine Liebe zum Schreiben entdeckt. Daher muรte ich meine Bรผcher รผber Dienstleister selbst verรถffentlichen. Dieses Autorenleben gefรคllt mir mittlerweile ausgezeichnet und ich kann mir heute nichts besseres mehr vorstellen.
Vom deutschsprachigen Buchmarkt wรผnsche ich mir mehr Offenheit fรผr uns Selbstpublizierer und weniger Festklammern an anachronistischen Strukturen im Verlagswesen. Meine Bรผcher kรถnnen viel mehr, als nur Achtungserfolge zu sein.
Gut, mit einem meiner Bรผcher (Empath) konnte ich das auch bereits zeigen. Es wird in seiner (leider sehr kleinen) Zielgruppe teilweise euphorisch gefeiert. Ich kann mir aber auch meinen “Neutronenreiter” gut in der Spiegel Bestsellerliste vorstellen, auch wenn er kein Verlagsbuch ist 😏
Von meinen Leserinnen und Lesern wรผnsche ich mir Offenheit fรผr die Wege, die ich ihnen in meinen Texten aufzeige. Ausgetretene Pfade sollen andere gehen. Ich experimentiere gern mit Erzรคhlformen und lasse auch mal die Haustiere zu Wort kommen, wenn ihre Frauchen gerade nichts beizutragen haben.
In diesem Sinne: Bleib gespannt!
Das Team von Leserkanone.de dankt Mike Gorden fรผr die Zeit, die er sich genommen hat!
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